Neben dem Pflanzen, das freundlich unterstützt wurde vom Bauhof Landsberg, rahmten Redebeiträge die Aktion. Pfarrer i.R. Manfred Thon erinnerte an Bekanntschaften, die er nach dem Krieg gemacht hatte. So berichtete er zum Beispiel von der Organisation eines schwarzgeschlachteten Gulaschessens im August 1945 für eine hallesche Theaterbesatzung oder die von einem Kosaken erbeutete Kuhherde, die vier Wochen im Schießstand zwischen Braschwitz und Zöberitz Flüchtlinge mit Milch versorgte.

Neben erinnernden Worten wurden auch viele mahnende gesprochen. Gerade vor dem Gesichtspunkt, dass Deutschland vor mehreren Wochen an die Geschehnisse in Syrien oder Afghanistan gerückt ist. Diese flüchtenden Familien machen sich auf eine lange, beschwerliche und gefährliche Reise, um den Traum von Frieden, Sicherheit und Freiheit zu leben. Diese Menschen haben außer ihrer Hoffnung nichts, ihre Hoffnung auf ein besseres Leben.

Leider begegnen sie hier nicht immer Menschen mit Verständnis für ihre Situation. Dabei war die Lehre des 8. Mai 1945 u.a., dass in Deutschland niemand von Tod und Leid anderer Menschen profitieren soll. Die Situation der Flüchtlinge heute kann nur gemeinsam gemeistert werden, und dabei bedarf es noch nicht einmal Mut wie in 1945, sondern Toleranz, Verständnis und Motivation.

Richten wir unseren Unmut nicht gegen hilfebedürftige Menschen, sondern gegen die Verursacher. Gehen wir nicht gegen die Islamisierung des Abendlandes auf die Straße sondern gegen die Waffenlobby und die Konzerne, die mit Kriegen Milliarden Gewinne machen. Helfen wir den Flüchtlingen, ihre Länder wieder aufzubauen, damit sie dort ein menschenwürdiges Leben führen können im Kreis ihrer Familien und Traditionen. Dafür sollten wir demonstrieren.

Rede Manfred Thon, Pfarrer i.R.:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Verehrte Mitstreiter für Frieden und Völkerrecht, „und wenn morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch meinen Rotahorn pflanzen!“ - so könnte es Martin Luther sagen.

Nun sage ich es und freue mich außerordentlich, dass wir heute gemeinsam dieses TAGES DER BEFREIUNG mit dieser Baumpflanzaktion gedenken. Es wäre zu schön, könnten wir das auch mit dem Ende des 2. Weltkrieges verbinden. Doch der tobt ja noch, vernichtet Völker und Kulturen, vertreibt und mordet Menschen, und von Politikern sanktioniert, droht er in den 3. Weltkrieg überzugehen.

Darum spreche ich hier nur zum Tag der Befreiung und von ganz persönlichen Erinnerungen an diesen Termin den ich ab dem 10. Lebensjahr erlebte.

Im Gedenken an Alexander Bewerschlikow, den sowjetischen Kriegsgefangenen, siebzehnjährig 1944 auf unserem Bauernhof, den Vater regelmäßig trotz Verbot Radio Moskau hören ließ.

Im Gedenken an Wolodja, Major Wladimir Gall, dem ich begegnete, als er im “Kulturhaus“ Niemberg im August 1945 ein schwarzgeschlachtetes Gulasch-Essen für eine hallesche Theaterbesatzung organisierte. Vor vier Jahren, kurz vor seinem Tode mit 92 Jahren, konnte ich ihn ein letztes Mal in Halle sehen und sprechen.

Im Gedenken an den Kosaken, der 1945 mit einer erbeuteten Kuhherde im Schießstand zwischen Braschwitz und Zöberitz vier Wochen Milchversorgung für Flüchtlinge betrieb.

Im Gedenken auch an den sowjetischen Major Samarin, Erntehilfepartner in unserer am 8. Mai 1953 gegründeten LPG „Befreites Land“. Als er in einer Debatte erfuhr, dass ich so nebenher an einem Theologie-Fernstudium teilnahm, lud er mich nach Leipzig zum Gottesdienst in der russ.-orthodoxen Kirche ein, und legte mir so einen „roten Teppich“ auf meinen Weg ins Pfarramt. 

Das sind nur vier von mich mitprägenden Erlebnissen aus „russischen Begegnungen 1944-94“, zu denen ich gelegentlich referiert habe. Doch abschließend muss ich leider auch des Abzuges der Roten Armee 1992 gedenken, den manche als „Vertreibung einer geschlagenen Truppe“ empfanden. Wider alle Absprachen und großen Worte, gegen Gorbatschows „HAUS-EUROPA-MODELL“ rückten unsere Atomraketen schon am nächsten Tag an Russlands Westgrenze vor.  

So bleibt nur, an das sowjetische Mahnmal „Schwerter zu Pflugscharen“ aus der DDR-Friedensbewegung zu erinnern. Und so sage ich: Fangt schon mal an! Frieden schaffen ohne Waffen! - Alle Kasernen werden sofort geräumt und alle Kosten werden unverzüglich nicht von den Bürgern sondern von den Kriegsgewinnlern eingefordert!

Das wäre endlich ein TAG DER BEFREIUNG HEUTE.