Masterplan zur Sicherung der Schulbildung in Sachsen-Anhalt: Heraus aus der Krise, damit kein Kind zurückbleibt!

Thomas Lippmann
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Die Schulbildung in Sachsen-Anhalt steckt in ihrer tiefsten Krise und ein Ende der Talfahrt ist derzeit nicht absehbar. Die negative Entwicklung ist weitestgehend durch den Mangel an pädagogischem Personal in den Schulen begründet. Es müssen deshalb unverzüglich alle Maßnahmen ergriffen werden, die geeignet erscheinen, den Einsatz pädagogischer Fachkräfte an den Schulen nachhaltig zu verbessern:

I. Kurzfristig wirkende Maßnahmen:

  1. Erhöhung der Anzahl von Pädagogischen Mitarbeiter*innen von 1.900 auf 2.300 Vollzeitstellen zum Einsatz in Grund- und Förderschulen und Ganztagsschulen,
  2. Einrichtung eines Landesprogramms zur Schulsozialarbeit im Umfang von 400 Dauerstellen ab dem Schuljahr 2023/24,
  3. Schaffung einer konkurrenzfähigen Bezahlung der Grundschullehrkräfte in der Besoldungsgruppe A13,
  4. Zahlung von Anwärtersonderbezügen in allen Mangelbereichen in Verbindung mit vertraglichen Angeboten/ Verpflichtungen für die anschließende Beschäftigung an der Ausbildungsschule (Vorverträge mit LIV),
  5. Einführung eines berufspädagogisch angeleiteten berufspraktischen Unterrichtes durch qualifizierte Träger der beruflichen Erwachsenenbildung bzw. durch berufsbildende Schulen (ein Tag je Unterrichtswoche mindestens in den Schuljahrgängen 8 und 9) in allen Schulen der Sekundarstufe I,
  6. Organisation von Unterrichtsangeboten durch Träger der Erwachsenenbildung,
  7. Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Einsatz von Seiteneinsteiger*innen.

II. Mittelfristig wirkende Maßnahmen:

  1. Entwicklung eines umfassenden Programms zur Qualifizierung aller Seiteneinsteiger*innen mit dem Ziel des Erwerbs einer vollständigen Lehramtsausbildung (2. Staatsexamen); dafür Schaffung der laufbahn- und besoldungsrechtlichen Voraussetzung für die Gleichbehandlung von Seiteneinsteiger*innen mit nur einem Fach,
  2. Beschleunigte Umwandlung von Sekundarschulen in Gemeinschaftsschulen zur Verbesserung des Lehrkräfteeinsatzes durch eine Stärkung der Schulform.

III. Langfristig wirkende Maßnahmen:

  1. Bedarfsorientierter und dauerhafter Ausbau der Studienplätze in der Lehramtsausbildung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg auf 1.000 Erstsemester und an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg auf 500 Erstsemester,
  2. Bedarfsorientierte Steuerung der Fächerwahl durch eine stärkere Reglementierung von Zweit- und Ergänzungsfächern,
  3. Einführung eines gemeinsamen Lehramtes für die Sekundarstufen I + II (Lehramt für Gymnasien und für weiterführende Schulen).

 

Dazu erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecher, Thomas Lippmann:

»Seit im Jahr 2007 das erste Personalentwicklungskonzept des damalige Finanzminister Jens Bullerjahn von der Landesregierung beschlossen wurde, reihen sich in Verantwortung von CDU und SPD seit nunmehr 15 Jahren in der Personalpolitik für die Schulen Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen in endloser Folge aneinander. Getrieben von dem Willen zur permanenten Ausgabenreduzierung wird bis heute der Unterrichtsbedarf systematisch unterschätzt und das Lehrkräfteangebot überschätzt.

In Folge dieser gezielten Fehlkalkulation wurde die Lehramtsausbildung für die allgemeinbildenden Schulen in Magdeburg geschlossen und in Halle auf nur noch 550 Erstsemester heruntergefahren. Bis heute hält sich in der Landesregierung die Auffassung, dass dieses geringe Ausbildungsniveau auf Dauer ausreichend wäre. Tatsächlich ist aber etwa das Dreifache erforderlich – davon mindestens 1.000 Erstsemester in Halle (an der Saale) und noch einmal ca. 500 in Magdeburg.  

Den massiven Defiziten in der Lehramtsausbildung folgen im Abstand von 8 bis 10 Jahren nun seit 2015 die Defizite bei den jährlichen Neueinstellungen. Die dadurch ständig größer werdende Lücke in der Lehrkräfteversorgung, die die Gymnasien deutlich weniger trifft als alle anderen Schulformen, zieht massive Gerechtigkeitsprobleme nach sich. Wenn zwei Drittel der Schülerschaft in den Schulen der Sekundarstufe I derart abgehängt werden, entstehen durch die enormen ökonomischen Verluste und die Beschränkung der Persönlichkeitsentwicklung sozialer Sprengstoff und Gefahren für die Demokratie.

Die Sekundarschule hat nicht zuletzt aufgrund des Mangels an Bewerber*innen für eine Lehramtsausbildung keine Zukunft im gegliederten Schulsystem. Es ist völlig verantwortungslos, immer mehr Schüler*innen in diese Schulen zu schicken und sich nicht einmal ernsthafte Gedanken um einen Ersatz für die fehlenden Lehrkräfte zu machen.

Bei dem zu erwartenden weiteren Einbruch in der Lehrkräfteversorgung der Sekundar- und Gemeinschaftsschulen müssen verstärkt Unterrichts- und Betreuungsangebote auch aus dem nichtstaatlichen Bereich organisiert werden. Dazu muss sich das Bildungsministerium für neue Initiativen und der Finanzminister die Landeskasse öffnen.

Letztlich bieten sich aber außerhalb der Gymnasien nur dann Perspektiven, wenn eine deutliche Aufwertung der Gemeinschaftsschulen stattfindet und die Lehramtsausbildung auf ein einheitliches Lehramt für alle weiterführenden Schulen umgestellt wird. Langfristig kann nur eine deutliche Ausweitung der Ausbildung an beiden Universitäten und eine konsequente Ausrichtung am tatsächlichen Bedarf aus dieser existenziellen Krise herausführen.«

Im Anhang finden Sie die Übersicht der Schüler*innenzahlen sowie die AV der Lehrkräfte.