Zur Verabschiedung von Matthias Brenner

Janina Böttger und Hendrik Lange

Zur Verabschiedung von Matthias Brenner als Intendant des neuen theater bedanken sich die Landesvorsitzenden Janina Böttger und Hendrik Lange:

Für viele erfolgreiche Spielzeiten, für starkes Theater, für künstlerische und persönliche Strahlkraft danken wir dem langjährigen Intendanten Matthias Brenner. Wir wünschen ihm alles Gute für nächste Vorhaben und hoffen weiterhin auf seine streitbare Stimme in der Stadtgesellschaft. Das nt und Halle gehören zusammen, und Leitung und Ensemble haben diese Beziehung weiter gefestigt. 

Gelungen ist dies auch als selbstverständliches Zusammenspiel künstlicher und gesellschaftlicher Auseinandersetzung. Seit Langem gehört das Mai-Singen des nt zu den Feierlichkeiten am 1. Mai in der Stadt. Klug, kämpferisch, reflektiert – Brenner und das Haus nehmen Stellung zu alten und aktuellen Kämpfen um soziale Gerechtigkeit, zu Würde, Gleichheit und Freiheit.

Die zwölf Jahre seiner Intendanz waren allesamt kämpferische. Finanzierung und prekäre Entlohnung zog und zieht sich als Dauerproblem durch den Kunstbetrieb. 2013 ging die Politik noch weiter, die Landesregierung setzte zum großen Kahlschlag bei den Bühnen, Hochschulen, dem öffentlichen Dienst insgesamt an. Bestritten wurde mit diesem Kürzungskurs auch die Notwendigkeit von Kunst und ihrer kritischen Reflexion von Mensch und Gesellschaft, von Transformation und Ökonomie. Die Landesregierung hat dabei viele Fehler gemacht. Dagegen kämpfte Matthias Brenner zusammen mit den Intendanten André Bücker (Dessau) und Ulrich Fischer (Eisleben) mit offenem Visier und großer Hellsichtigkeit um ein zukunftsfähiges Land. 

Die damaligen Proteste waren kein Strohfeuer. Sie verstanden sich als Teil der Kämpfe um Zusammenhalt, die Verteilung gesellschaftlichen Reichtums und die Aufgaben öffentlicher Haushalte. Über Monate hinweg wurden Demonstrationen organisiert, Zehntausende versammelten sich fast ein ganzes Jahr in Halle und anderen Städten Sachsen-Anhalts. Sie setzten sich fort in Bündnissen gegen den Rechtsextremismus und erstarkenden Rechtspopulismus, sie waren solidarische Verabredung gegen Angst und Denunziation. Matthias Brenner und viele Künstlerinnen und Künstler waren immer dabei, gaben den Bündnissen Stimme und Gewicht.

Heute zeigt sich, wie langfristig und verheerend der Schrumpfungskurs in der öffentlichen Daseinsvorsorge wirkt. Vertrauen in die Politik sinkt, Abschottung und offener Hass nehmen zu. Schon deshalb erinnern wir uns an die Kultur-Demonstrationen als Teil einer demokratischen Protestgeschichte in Sachsen-Anhalt und Ostdeutschland. Solche Kämpfe nehmen Menschen und Politik in die Pflicht für ein intaktes Gemeinwesen, anstatt Feinbilder zu befeuern. Sie sind der Gegenentwurf zu Entsolidarisierung und Hass.